Ich nehme Dich mit, eine kleine Zeitreise in meine Vergangenheit. Gehen wir zurück in die 70er Jahre. Also eigentlich ein historischer Katzensprung - oder? 

Ich habe in meinem verschlafenem Königshofen gelebt. Und plötzlich waren sie da. Typen mit Irokesen-Frisuren, bunten Haaren, Nietenlederjacken und alles wurde bunt beschmiert. Die Musik war eine Mischung aus Aggression und Party zugleich. Selbst in unserem verschlafenem KÖN gab es plötzlich eine Kommune mit Punkern. Einer von denen fuhr einen 500er-Fiat, mit Faltdach. Das musste er immer aufmachen, damit seine Frisur mit ins Auto passte. Ich habe mir das immer mit einem Lachen angeschaut. Einmal hat der Typ seinen Fiat in einer Kurve am Marktplatz umgeworfen. Er ist dann durch das offene Dach herausgeklettert, hat erst mal seine Nieten und umgehängte Ketten zurechtgerückt, denn hat er den Fiat zurückgekippt, ist eingestiegen und mit dem Fiat von dannen gebraust. 

Ich muss da heute so oft dran denken, weil es so eine lustige Szenerie war. 

Machen wir einen Zeitsprung. Wir sind jetzt, Ende der 80er Jahre. Ich lebe gerade in München und habe nicht nur eine eigene Band. Ich habe auch eine kleine Konzertagentur. Ein kleines Zubrot sozusagen, denn ab und an blieben ein paar Mark übrig, die ich immer schnell wieder für Musik-Equipment investiert habe. Ab und an habe ich auch Festivals organisiert, und so lernte ich eine Rockband aus dem Allgäu kennen: Beaujolais - genau, benannt nach einem Wein. Der Bassist war ein knuffiger Typ, der auch unbedingt Konzerte veranstalten wollte und sich von mir den einen oder anderen Trick abschaute. Er hatte so ein bisschen ein Tourette und hatte als Tick, dass er immer über seinen eigenen Satz lachte, und den wiederholte.  Er nannte sich WOMBEL und hieß eigentlich Heribert S. 

Eines Tages rief er mich an "Hey, ich habe eine Band am Haken, die sind aus Amerika, spielen Punk und gehen ziemlich ab. Ich glaube, ich verpflichte die für ein paar weitere Konzerte!"  Ich dachte mir - okay - Punk ist tot, aber wenn er ein gutes Gefühl dabei hat - warum nicht. 

Was für ein Killer-Gespür er damit hatte, sollte sich kurz darauf zeigen. Er hat nämlich die damals unbekannte Band GREEN DAY verpflichtet, deren Album kurz darauf international einen Senkrechtstart hinlegte. Überall lief BASKET CASE. GREEN DAY waren weltweit gefragt und haben eigentlich nirgendwo unter 5-stelligen Gagen gespielt. Außer in Bad Wörishofen. Denn da mussten sie einen Vertrag bei Wombel erfüllen und für 500,-DM spielen. 

 

Wow, dachte ich - und zugegebenermaßen war ich etwas neidisch. Mein junger Padawan hat voll eingeschlagen und sich mal eben eine goldene Nase verdient. 

Aber hey - Wombel hatte nochmal die goldene Nase: Er war über Jahre weg der einzige Veranstalter der Kastelruther SPATZEN - die sich ebenfalls über Jahre weg von ganz allein verkauften. Also immer wieder für volle Taschen bei Wombel sorgten!

Wir machen wiederum eine Zeitreise. Jetzt sind wir im Jahr 2023. Meine Gesundheit hat es nicht gut mit mir gemeint. Ich habe einiges durch und bin wiederholt dem Tod sprichwörtlich von der Schippe gesprungen. Aber wirklich manchmal in allerletzter Sekunde. Zuletzt wurde mir fast komplett der Magen entfernt. Genau in dieser Zeit habe ich Christian kennengelernt. Christian hat das Lokal Zum Lamm in Obergünzburg. Wir haben uns über Facebook kennengelernt, denn Christian macht auch Musik. Und obwohl ich im Rollstuhl sitze, wollte er unbedingt was mit mir machen. Kurz vor der OP hat er mich zu einer Probe geholt, wo man mich dann zur Not mit dem Rollstuhl hochgetragen hätte. 

Und als ich dann operiert wurde, und ich Christian davon erzählt habe, dass ich nach der OP nur ganz kleine Portionen essen darf, und was ich noch essen darf, und was nicht. Ja da hat Christian mich dann nach der OP überrascht und hat extra für mich in kleine Gläser kleine Gerichte gekocht, die ich mir dann im Wasserbad erhitzen konnte. Hey - Christian kannte mich da ja quasi noch gar nicht und hat sich so für mich ins Zeug gelegt! 

Und nun schließt sich der Kreis. Wir sind im Jahr 2024. Christian ist mittlerweile der Basser bei "Die Zechpreller" und die Band steht kurz vor ihrem ersten Auftritt. Und da stellt einer der Gitarristen fest, er könne sich nicht damit identifizieren und verlässt die Band. Die Band findet zwar schnell einen Ersatz, doch der hat ausgerechnet am Tag des ersten Auftrittes keine Zeit. Christian fragt also mich, ob ich da nicht aushelfen kann? 

Christian, es bleibt mir ewig unvergessen, wie selbstlos Du mir nach der OP geholfen hast. Jetzt kann ich also was für Dich tun - und los geht's:

 

So kam es also dazu, dass ich jetzt am 31.10. mit der Punkband "Die Zechpreller" in Willofs auf die Bühne gehe. Wer mich kennt, weiß - dass ich um Halloween eigentlich einen großen Bogen mache - aber wenn ich damit Christian helfen kann, dann ab dafür!

Und hey, Gitarre umhängen, Röhrenamp aufdrehen, das sind schon mal zwei Argumente, die ganz abgesehen von Christian dafür sprechen, da dabei zu sein. 

 

Ob da nun künftig mehr daraus wird, aus mir und den Zechprellern? Sag niemals nie, aber aktuell bin ich "nur" die Aushilfe, damit der Gig für die Zechpreller stattfinden kann. Alles Weitere wird die Zukunft bringen, und soweit ich weiß, haben sie ja eigentlich einen Ersatz für den ausgestiegenen Gitarristen. 

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Kommentare

Jutta
Vor einem Monat

Hey Doc, du warst großartig in Willofs... der Rest der Zechpreller sowieso und überhaupt... Ihr wart der OberMegaEndGeil...HammerMäßig super. Danke, dass ich Jutta dabeisein durfte.

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