Seid mal ehrlich: Wie oft stolpert ihr in letzter Zeit über Bands, die sich mit Stolz "Kultband" nennen? Und fällt euch dabei auch auf, dass es oft genau die Bands sind, die "nur" covern? Ja, die Anführungszeichen sind hier ganz bewusst gesetzt! Bevor ihr jetzt die Mistgabeln auspackt und "Spielverderber!" ruft, lasst mich das klarstellen: Ich habe absolut nichts dagegen, wenn eine Band einen Abend lang musikalisch fantastisch unterhält, indem sie Songs von A bis Z originalgetreu nachspielt. Hut ab vor der Präzision! Aber, und jetzt kommt das große ABER: Was macht eine Coverband plötzlich zur Kultband?
Was ist denn überhaupt eine Kultband?
Bevor wir uns in die tiefen Gewässer der Coverband-Diskussion stürzen, sollten wir erst mal klären, was eine Kultband überhaupt ausmacht. Laut unserem Rock-Lexicon (das ich gerade selbst geschrieben habe, haha!) ist eine Kultband eine Musikgruppe, die einen besonders treuen, ja fast schon fanatischen Fankreis um sich schart. Ihr "Kultstatus" bedeutet, dass sie von ihren Anhängern weit über das übliche Maß hinaus verehrt und gefeiert wird.
Hier sind ein paar Merkmale, die eine Kultband auszeichnen können:
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Treue und leidenschaftliche Fangemeinde: Das ist das A und O! Diese Fans sind nicht nur dabei, sie leben die Band. Sie reisen meilenweit, sammeln jedes Merch-Teil und singen die Texte, als wären es ihre eigenen Geburtsurkunden.
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Wiedererkennungswert und Eigenständigkeit: Kultbands haben diesen gewissen "Je ne sais quoi"-Faktor. Ob es ihr Sound ist, ihre Bühnenpräsenz, die Texte oder einfach die Art, wie sie ein Plektrum halten – sie sind einzigartig.
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Außenseiterstatus oder Nischendasein: Oft tummeln sich Kultbands abseits des Chart-Mainstreams. Sie sind die Rebellen, die Untergrund-Helden, deren Musik eine besondere Tiefe oder Botschaft hat, die eben nicht jeder versteht (oder verstehen muss).
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Langlebigkeit und Beständigkeit: Eine Kultband ist wie guter Wein – sie wird mit den Jahren besser. Sie bleibt aktiv, auch wenn das Scheinwerferlicht mal nicht ganz so hell leuchtet, und ihre Musik behält ihre Relevanz.
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Einfluss: Auch wenn sie vielleicht keine Stadien füllen, beeinflussen Kultbands oft andere Musiker und ganze Genres. Sie sind die unsichtbaren Wegbereiter.
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Manchmal auch Kontroversen: Manch eine Kultband lebt von provokanten Texten oder Bühnenshows, die polarisieren, aber gerade deshalb eine besonders enge Bindung zu denen schaffen, die sich damit identifizieren.
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Eine besondere "Geschichte" oder Mythologie: Oft ranken sich Legenden und Mythen um Kultbands, die von Fans eifrig weitergegeben werden und zur Legendenbildung beitragen.
Bekannte Beispiele für Bands mit Kultstatus gibt es zuhauf, je nach Genre und Region. Hier in Deutschland könnten wir "Die Ärzte" oder "Rammstein" nennen – Bands, die eine unfassbar loyale Fangemeinde und einen unverwechselbaren Stil haben. International ist die Liste schier endlos.
Die Kult-Coverband: Ein Paradoxon?
So weit, so gut. Aber jetzt frage ich mich: Welcher dieser Punkte trifft eigentlich auf eine reine Coverband zu? Wenn man so eine Band fragt, hört man oft: "Ja, das hat doch die Presse so geschrieben!" Und fragt man dann die besagte Presse, kommt oft die Antwort, dass man das eben aus der Presse-Info der Band übernommen hat. Tja, so schnell wird aus einer einfachen Behauptung eine "selbstverliehene Auszeichnung" – ein bisschen wie wenn ich mir selbst den Titel "Bester Blogschreiber des Universums" verleihe. (Aber hey, ich bin da bescheiden!)
Aber warum dieser Drang, sich selbst zu veredeln? Geht es darum, sich besser darzustellen? Kommen wirklich mehr Besucher, nur weil in der Zeitung "Kultband" steht? Ich persönlich bezweifle das stark. Aber es klingt vermutlich einfach cooler, als zuzugeben, dass man "nur" nachspielt, oder?
Das Publikum möchte oft einfach nur gut unterhalten werden. Und wenn man weiß, dass Band XY all die bekannten Songs spielt, die man liebt, dann ist es ja "sicherer", sich dieses Coverprogramm anzuhören. Was allerdings auch den Horizont ziemlich einengen kann. Denn wenn ich "Smoke on the Water" hören will, dann soll es gefälligst auch genau so klingen wie zu Deep Purples besten Zeiten – oder etwa nicht?
Jedenfalls legen diese selbstbetitelten Kult-Coverbands ihren Fokus darauf, dass Ton für Ton nachgespielt wird. Was natürlich die Kreativität enorm einschränkt und für mich persönlich eher gegen den Titel "Kultband" spricht.
Liebe Medien, Bands und Musikfans: Lasst uns "Kult" neu definieren!
Ich finde das ehrlich gesagt ziemlich schade. Denn es gibt so viele fantastische Bands und Musiker da draußen, die eigene Songs schreiben und damit auftreten! Klar, bei Hochzeiten, Familienfeiern oder ähnlichen Anlässen will man einfach zu bekannten Songs abrocken. Das verstehe ich vollkommen. Aber das kultige Kulturerlebnis wird doch erst richtig kultig, wenn man das Potenzial der "echten" Bands entdeckt, die mit ihrer eigenen musikalischen Vision überzeugen!
Deshalb mein Appell:
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Liebe Medien: Bitte verleiht einer Band nicht den Kult-Status, nur weil sie Note für Note nachspielt. Das ist handwerkliche Leistung, keine Kultwerdung.
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Liebe Bands: Traut euch! Macht mehr eigene Musik! Zeigt uns eure Seele, eure Kreativität, eure Vision!
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Liebe Konsumenten: Unterstützt die Originale! Es gibt so viele gute Bands mit großartigen eigenen Songs, die darauf warten, entdeckt zu werden. Gebt ihnen eine Chance!
Und genau diesen Bands sollten wir den Titel "Kult" verleihen – den Bands, die etwas Eigenes schaffen und damit eine treue Fanbase aufbauen.
Ich weiß, jetzt kommt bestimmt ganz schnell der Vorwurf: "Aber du spielst doch selbst auch nach!" Ja, das stimmt. Ich interpretiere viele Songs, aber ich lege immer Wert auf meine eigene Version der Stücke, die ich spiele. Und – ganz wichtig – ich spiele auch ganz viele eigene Songs! Und genau das ist der Grund, warum ich so gerne Musik mache: meine eigene Note hinzufügen, mich ausdrücken. Denn das ist es doch, was Musik so faszinierend macht, oder?
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