Weißt du noch? Die Ära der Plattenpartys & Bandsalat – Ein Nostalgie-Trip

Veröffentlicht am 28. Dezember 2025 um 10:19

Doc Fetzer: Hand aufs Herz: Kennst du noch Plattenpartys?

Wenn ich mir heute anschaue, wie wir Musik konsumieren, dann leben wir im absoluten Luxus. Wobei... manchmal glaube ich, dieser Luxus ist auch ein kleiner Fluch. Egal, worauf du gerade Bock hast: Handy raus, Alexa angebrüllt oder PC an – zack, Musik läuft.

Als ich ein kleiner „Doc“ war, sah die Welt noch ganz anders aus. Streaming? Das klang damals eher nach einer urologischen Erkrankung als nach Musikgenuss. Wenn man Glück hatte, lief ein guter Song im Radio. Ansonsten blieben nur zwei Optionen: Der heimische Plattenspieler oder der Gang in die Bücherei.

Die Jagd nach dem schwarzen Gold

Ich bin in einer Kleinstadt im Zonenrandgebiet aufgewachsen. Ein Plattenladen? Fehlanzeige. Dafür musste man 25 Kilometer in die nächste größere Ortschaft gurken. Also musste man kreativ werden.

 

Meine Quellen waren damals... sagen wir mal, „exklusiv“:

 

  1. Die Bücherei: Da konnte man Platten auflegen lassen. High-Tech für Arme.

  2. Die Sparkasse: Mein Vater arbeitete dort. Einmal im Jahr brachten die einen Sampler raus. Das war meist eine wilde Mischung aus Kuriositätenkabinett und Fahrstuhlmusik, aber – und das war das Wichtigste – ab und zu war ein brauchbarer Song dabei!

  3. Der Hinterhof-Handel mit Manni: Ich wusste, wo Manni wohnte. Manni war der DJ in der einzigen Disco der Gegend. Er war mein Dealer. Also, für Vinyl-Singles. Bei ihm bekam man den richtig heißen Stoff, den es sonst nirgends gab.

 

Der Tempel: Die Plattenparty

Weil man nie alles selbst haben konnte, gab es die heilige Institution der Plattenparty. Bei uns im Gymnasium gab es einen Raum, der manchmal offen stand. Darin: Eine Stereoanlage. Plattenspieler, Radio und – überlebenswichtig – ein Kassettendeck!

Jeder schleppte seine Schätze an. Während meine Freunde dort waren, um zu tanzen oder Mädchen zu beeindrucken, war ich im Arbeitsmodus. Ich war schon immer ein Musik-Junkie. Mein wichtigstes Utensil waren keine coolen Sprüche, sondern Leerkassetten.

Meine Helden waren Elvis, Buddy Holly, Chuck Berry, die Stones und die Beatles. Wenn einer eine Platte dabei hatte, die mir gefiel: REC. Zack, Raubkopierer der ersten Stunde.

„Englisch“ nach Gehör und wandernde Akkorde

Für mich waren diese Aufnahmen Schätze. Ich wollte das nicht nur hören, ich wollte das spielen. Erst auf der Orgel (das klang bei „Smoke on the Water“ zugegeben etwas seltsam), später dann auf der Gitarre.

Heute gehst du ins Netz, lädst dir Tabs, Chords und den Text runter. Fertig. Damals? Wir mussten zuhören. Zigmal zurückspulen. Die Texte waren oft mehr „Lautschrift“ als Englisch. Man schrieb auf, was man verstand (oder zu verstehen glaubte). Wenn man dann so einen Song endlich zu Papier gebracht hatte, war man der King.

Fun Fact: Ich habe damals oft Texte und Akkorde für andere aufgeschrieben – gegen ein paar Mark, versteht sich. Jahre später, hunderte Kilometer von zu Hause entfernt, drückte mir ein neuer Musikerkollege einen Zettel in die Hand. Ich gucke drauf: Meine Handschrift. Meine Rechtschreibfehler. Meine falschen Akkorde. Dank der Kopiergeräte hatte sich mein Pfusch im ganzen Land verteilt. Ein erhebendes Gefühl!

Vom Lärmkrieg zur Stille: Mein Gear heute

Früher war Musikmachen oft eine offizielle Kriegserklärung an die Nachbarschaft. Als E-Gitarrist brauchte ich meinen fetten Röhrenverstärker. Und der klingt halt nur gut, wenn er voll aufgerissen ist. Sorry nochmal an Frau Müller von nebenan.

Heute? Ich liebe die moderne Zeit! Seit Jahren schwöre ich auf Modeling-Amps (Grüße gehen raus an Line6!). Ich habe amtlichen Sound auf dem Kopfhörer, kann nachts um drei aufnehmen und dank KI-Tools sogar Instrumente einspielen, die ich in der Realität nicht mal unfallfrei halten könnte.

Fazit: Nostalgie vs. Realität

Es ist nicht alles schlecht heute. Im Gegenteil, die Möglichkeiten für uns Musiker sind der Hammer. Was ich allerdings vermisse, ist die Wertschätzung. Früher hat man sein ganzes Taschengeld für eine LP geopfert. Die wurde dann gehütet wie der Heilige Gral und von vorne bis hinten durchgehört – auch die Songs, die man nicht mochte (Angst vor Bandsalat beim Spulen!).

Heute entscheiden die Kids in Sekunden, ob sie weiterskippen. Musik ist ein Wegwerfprodukt geworden, weil sie nichts mehr kostet – weder Geld noch Mühe.

Aber wisst ihr was? Ich bin jetzt in einem Alter, wo mir der Kampf um die Aufmerksamkeit egal ist. Ich mache Musik, weil ich Spaß daran habe. Und wenn ich sie am Ende nur für mich alleine mache (und vielleicht ein bisschen für euch hier im Blog), dann ist das auch völlig okay.

In diesem Sinne: Keep on Rockin' (und spult die Kassetten vorsichtig zurück)!

Euer Doc Fetzer

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